Bücher u.a. zum Thema: Intersexualität

 

Intersexualität – ein Leben zwischen den Geschlechtern (von Dr. Gerti Sänger)

 

Ein Kind wurde geboren. Eine der ersten Fragen lautet: Bub oder Mädchen? In einem von 1000 Fällen gibt es keine eindeutige Antwort. Das Baby hat  weibliche und männliche Geschlechtsorgane – ein kleiner Mensch zwischen den Geschlechtern.

Was heute mit dem Begriff „Intersexualität“ beschrieben, im Volksmund  „Zwitter“ genannt, in der Antike als Hermaphrodismus verehrt, später ausgestoßen und im vergangenen Jahrhundert auf Jahrmärkten ausgestellt wurde, ist eines der letzten Tabus: Zweigeschlechtigkeit.

Bis zur sechsten Woche ist der Fötus ein Zwitter. Dann differenziert sich der Embryo durch hormonelle Impulse als männlich oder weiblich. Auf dem Weg zu Frau oder zum Mann kann es Pannen geben. Die Folge zu vieler oder zu weniger Chromosomen, einer Enzym- oder Hormonstörung kann Intersexualität sein. Dabei sind die äußeren oder inneren Geschlechtsteile fehlgebildet oder sie fehlen überhaupt. Nahezu 20 verschiedene Diagnosen sind heute möglich. Im Gegensatz zu Transsexuellen, die nur das Gefühl haben, durch einen Irrtum der Natur im falschen Körper zu leben, hat Intersexualität  heute nachweisbar medizinische Ursachen. Z.B. eine teilweise Androgenresistenz.

Jennifer ist 34 Jahre, hat XY – Chromosomen und ist daher genetisch männlich. Aber Ihre Körperzellen sind resistent gegen das männliche Hormon Androgen. Dadurch entwickelte sich ihr Körper nicht männlich. Jennifer sieht zwar aus wie eine Frau, hat aber weder Gebärmutter noch Eileiter und eine verkümmerte Scheide. Sie hatte Hodenanlagen, welche ihr als Baby operativ entfernt – und eine Klitoris, welche verkleinert wurde. Als junges Mädchen schluckte sie Hormone, später wurde ihr operativ eine „richtige“ Scheide geformt. Trotz aller „Umbauversuche“ hatte sie immer das Gefühl, keine richtige Frau zu sein.

Jennifers Leben ist wie das der meisten Intersexuellen: ein Drama seelischer Verunsicherung, fragwürdiger Eingriffe und Geheimhaltung. Wie viele andere auch, erfuhr Jennifer erst als erwachsene Frau, wer sie ist und dass es auch andere Intersexuelle gibt.

Noch vor 10 Jahren wurde selbst in Fachkreisen dieses Thema totgeschwiegen. Behandelnde Ärzte hatten keinen Zugriff auf andere Fälle, sie mussten in Eigenregie handeln. Dem gesellschaftlichen Druck sind sie heute noch ausgeliefert: Seit Mitte des 20. Jahrhunderts muss eine gesetzliche Geschlechtszuweisung erfolgen. Bei späteren Zweifeln ist ein Kind in das Geburtenbuch mit jenem Geschlecht einzutragen, auf das seine körperlichen Merkmale am ehesten hinweisen. Bei späteren Zweifeln folgte man der zynischen Devise, dass es leichter ist, ein „Loch zu graben, als einen Mast aufzustellen“. Die meisten intersexuellen Kinder wurden zu Mädchen umgebaut, weil diese Maßnahme billiger und einfacher ist.

Die Soziologin Ulla Fröhling sprach mit vielen Betroffenen und legte infolgedessen das Ausmaß persönlicher Tragödien und gesellschaftlicher Hilflosigkeit offen. Mittlerweile fördert die Deutsche Forschungsgemeinschaft Untersuchungen der Intersexualität. Ebenso werden Diskussionsforen für Betroffene und Fachleute werden errichtet. Aber das Wissen um so ein heikles Thema verbreitet sich nur langsam, und die Diagnose einer Intersexualität ist schwierig. Prof. Olaf Hiort, der Sprecher des Projektes „Intersexualität – vom Gen zur Geschlechtsidentität“ demonstrierte, dass es bei einem vierjährigen Mädchen mit männlichem Chromosomenansatz zehn Minuten dauerte, bis sich Schatten der winzigen Gebärmutter im Ultraschall zeigten.  Von diesem Befund bis zur endgültigen Diagnose sind noch Wochen intensiver, genetischer Forschungen notwendig. Schließlich gibt es viele unterschiedliche Formen der Intersexualität. Vor allem: Die Scham der Betroffenen ist groß.

Johannes wurde als Kind geschlagen, weil er sich immer wieder die Jeans vom Leib riss und die Kleider seiner Schwester anzog. Seine Mitschüler verspotteten ihn als „schwules Weichei“. Jahrzehnte der Hormoneinnahme, welche ihn zu einem richtigen Mann machen sollten, aber nur Haarausfall und Akne bewirkten und ein nervtötendes Doppelleben folgten. Voll gepumpt mit Chemie, versuchte Johannes tagsüber im Beruf „seinen Mann zu stehen“, abends geisterte in Frauenkleidern herum. Johannes glaubte, transsexuell zu sein und wollte sich auf eine geschlechtsanpassende Operation einlassen. Die Kollegen moppten ihn, die Eltern, welche einen Sohn (aber keine Tochter) wollten wandten sich ab. Johannes begeht einen Selbstmordversuch. Im Krankenhaus stellen die Ärzte die Ärzte durch Zufall fest, dass der lebensmüde Mann ein Intersexueller ist. „Johannes“ ist zwar keine richtige Frau, aber sie muss auch kein Mann sein. Sie ist ein intersexueller Mensch.

Fier Frau, da Mann – die Zweigeschlechtigkeit unserer Gesellschaft ist ebenso eine Fiktion, wie die Vorstellung, dass man Geschlechtszuweisungen chirurgisch vornehmen kann. Eine neuere Untersuchung der John Hopkins Universität zeigt, dass sich von 16 umoperierten Menschen nur fünf mit ihrer chirurgisch und gesellschaftlich manipulierten Geschlecht Wohlfühlen. Vielleicht führen diese Erkenntnisse dazu, dass Menschen, welche als Intersexuelle geboren wurden, auch bei uns als Intersexuelle leben dürfen. In Indien ist diese gesellschaftliche Haltung keine Vision, sondern gelebte Realität. Etwa 200.000 Menschen – die Hijras – leben ohne Heimlichtuerei zwischen den Geschlechtern. Segnet ein Hijras ein Kind, so gilt das als Segnung und gutes Omen…

Transsexuelle, Intersexuelle, Transvestiten und Kastraten arbeiten zwar oft im Rotlicht-Milieu, aber sie werden als „drittes Geschlecht“ respektiert.

 

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